Das Wort „Berufsunfähigkeit“ (kurz: BU) lässt wenig Spielraum für Interpretation. Es meint die langfristige Unfähigkeit, seinen Beruf auszuüben. Doch ganz so einfach ist noch nicht erklärt, was es heißt, berufsunfähig zu sein.
Was bedeutet Berufsunfähigkeit?
„Berufsunfähig ist, wer seinen zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechendem Kräfteverfall ganz oder teilweise voraussichtlich auf Dauer nicht mehr ausüben kann.”
(Definition von Berufsunfähigkeit im Versicherungsvertragsgesetz § 172 Abs. 2)
Wenn es um Verträge und Versicherungen geht, spielt die Wortwahl in vielen Fällen eine entscheidende Rolle. Das macht es so schwierig, sich im Phrasen-Dschungel zurecht zu finden. Z.B. gesundheitliche Beeinträchtigung und gesetzliche Erwerbsminderungsrente, Dread-Disease-Versicherung, Multi-Risk-Insurance, Berufsunfähigkeitsversicherung und Dienstunfähigkeit .
Entscheidend ist die Dauer
Im Vergleich zur vorübergehenden Einschränkung ist in der offiziellen Definition von „berufsunfähig“ die Formulierung „auf Dauer” entscheidend. Von berufsunfähig wird dann gesprochen, wenn die letzte berufliche Tätigkeit längerfristig nicht mehr über 50 Prozent möglich ist. Ob das der Fall ist, entscheidet ein (Fach-)Arzt nach einer eingehenden Untersuchung.
Der Staat zahlt die Berufsunfähigkeitsrente nur unter ganz bestimmten Bedingungen. Durch die im Jahr 2001 eingeführte Reform zum Beispiel nur noch für vor 1961 geborene Personen. Diese zahlen schon entsprechend lange in die Deutsche Rentenversicherung ein. Statt der Berufsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gibt es für jüngere Arbeitnehmer die sogenannte staatliche Erwerbsminderungsrente. Diese reicht nur in den seltensten Fällen zu einer Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards und deren Voraussetzungen sind streng geregelt. In vielen Fällen wird sie nicht gewährt, dann kommt die private Berufsunfähigkeitsversicherung ins Spiel.
Berufsunfähigkeits-Versicherung: Zusatz für den vollen Versicherungsschutz
Immer mehr und auch junge Arbeitnehmer entscheiden sich deswegen für den Abschluss einer zusätzlichen, privaten Berufsunfähigkeitsversicherung. Diese tritt im Falle einer Berufsunfähigkeit in Kraft. Im Pflegefall nach einem Unfall, bei Tätigkeitsverbot nach dem Infektionsschutzgesetz oder auch bei einer schweren Krankheit. Körperliche oder psychische Ursachen spielen bei der monatlichen BU-Rente dabei keine Rolle. Die Auszahlungshöhe wird im Vorfeld zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer vereinbart. Im Vergleich zu anderen Versicherungen gilt bei der Berufsunfähigkeitsversicherung vom ersten Tag an voller Versicherungsschutz.
Achtung! Die sogenannte abstrakte Verweisung ist ein möglicher Vertragsinhalt. Dieser könnte den Versicherer berechtigen, unter bestimmten Voraussetzungen die monatliche Berufsunfähigkeitsrente zu verweigern. Der Versicherte könnte ggf. in einen beliebigen, noch möglichen Beruf verwiesen werden kann.
Arbeitsunfähigkeit und Dienstunfähigkeit
Vereinfacht ausgedrückt, meint die Amtssprache mit „Arbeitsunfähigkeit“ das, was die meisten Menschen umgangssprachlich als kurzfristige Krankschreibung bezeichnen. Dienstunfähigkeit hingegen meint dasselbe wie die Berufsunfähigkeit, bezieht sich jedoch zum Beispiel auf Beamte. Weitere Details erklären wir dir nun genauer.
Arbeitsunfähigkeit: Wer kurzfristig nicht in der Lage ist, zu arbeiten
„Arbeitsunfähigkeit ist ein durch Krankheit oder Unfall hervorgerufener Körper- und Geisteszustand, aufgrund dessen der Versicherte seine bisherige Erwerbstätigkeit überhaupt nicht oder nur unter der in absehbar nächster Zeit zu erwartenden Gefahr der Verschlimmerung seines Zustandes weiter ausüben kann.”
(Definition von Arbeitsunfähigkeit durch BSGE 19, 179)
Im Leistungsfall wird das Gehalt von gesetzlich Versicherten vom Arbeitgeber weitergezahlt – und zwar in voller Höhe. Dieser Anspruch auf sogenannte Lohnfortzahlung gilt für eine maximale Dauer von sechs Wochen für jede neue Erkrankung. Nach diesen sechs Wochen (ab dem 42. Tag der Krankschreibung) bezahlt die Krankenkasse weiter, in Deutschland für eine Dauer von 78 Wochen.
Auf die Ursache der Arbeitsunfähigkeit (AU) kommt es dabei grundsätzlich nicht an, Arbeitsunfälle oder Sportverletzungen sind hier gleichermaßen abgedeckt, selbstverschuldete Erkrankungen zum Beispiel durch Drogenmissbrauch oder nicht getragene Schutzkleidung allerdings nicht.
Dienstunfähigkeit: Wenn Beamte nicht mehr arbeiten können
„Die Beamtin auf Lebenszeit oder der Beamte auf Lebenszeit ist in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. (…)”
(Definition der Dienstunfähigkeit im Bundesbeamtengesetz § 44 Abs. 1)
Die sogenannte Dienstunfähigkeit ist eine Kategorie der Berufsunfähigkeit, die Personen im öffentlichen Dienst betrifft: Können Beamte, Soldaten oder Justizvollzugsbeamte (zum Beispiel Richter) ihrer Tätigkeit nicht mehr nachkommen, spricht man von einer Dienstunfähigkeit.
Das bedeutet, dass der Beamte auf Antrag oder unter Umständen auch unter Zwang in den Ruhestand versetzt wird. Während bei Arbeitnehmern außerhalb des öffentlichen Dienst die BU-Rente die finanziellen Folgen der AU ausgleichen sollen, erhalten dienstunfähige Beamte also eine Pension, die sich nach den abgeleisteten Dienstjahren richtet. Nach fünf Jahren Verbeamtung liegt dieser Betrag bei 35 Prozent des Gehalts der letzten Besoldungsgruppe, der maximale Betrag nach fast vierzig Jahren als Beamter bei 75 Prozent.
Ein genauer Blick auf die unterschiedlichen Definitionen von Arbeitsunfähigkeit, Berufsunfähigkeit und Dienstunfähigkeit bietet eine gute Grundlage für die persönliche Beratung zum Versicherungsschutz als Ergänzung zur Erwerbsminderungsrente.